Ein Klingeln der Türglocke, ein paar Schritte durch die Gaststube - und die Zeit scheint um ein paar Jahrzehnte zurückgedreht: In dem kleinen Ladenraum erstrecken sich hinter einer wuchtigen Theke Regale und Schränke mit Schubkästen. Der Besucher ist in einem kleinen Universum aus Bonbongläsern und Essigkrügen gelandet. Im münsterländischen Ammeloe sind der Lebensmittelladen, die Gastwirtschaft und die Bäckerei der Familie Noldes in ihrem Originalzustand zu erleben.
1972 ging das letzte Bier über die Theke und die letzte Tüte Mehl über den Ladentisch, bevor die Familie ihr Geschäft schloss und alle restlichen Produkte sowie die gesamte Einrichtung auf den Dachboden des Hauses brachte.
Dort verstaubten die Möbel und Kisten, bis dem Heimatverein Ammeloe 1994 die Idee kam, den alten Tante-Emma-Laden mit seiner Gaststube wieder aufzubauen. Die meisten der Vereinsmitglieder erinnern sich noch, wie sie als Kinder im Geschäft von Elisabeth Noldes für ein paar Pfennige Leckereien erstanden. Vor acht Jahren, pünktlich zum 625-jährigen Bestehen des Dorfes, renovierten die Ammeloer das Haus Noldes. Der Bau aus der Zeit um 1880 erhielt eine moderne Heizung und neue Fenster, die sich am Vorbild der historischen Originale orientieren. Im Inneren ist alles beim Alten - kein zusätzliches Ausstattungsstück musste der Verein erwerben.

Heute dient das historische Gebäude im Dorfzentrum als Heimathaus. Doch der Verein hat das Werkzeug und die Leitern noch nicht zur Seite geräumt. Immer noch gibt es viele Arbeiten zu erledigen. Ständig sind 25 bis 30 Männer und Frauen im Einsatz. Vor allem Rentner aus den unterschiedlichsten Handwerken helfen ehrenamtlich beim Wiederaufbau. Zu den Ausstellungen und den Veranstaltungen des Heimatvereins kommen Bewohner der gesamten Region in das Dorf im Kreis Borken. Der "Einkauf bei Tante Emma" übt eine grenzüberschreitende Anziehungskraft aus: Viele Besucher aus den benachbarten Niederlanden besuchen die alte Bäckerei und stöbern im nostalgischen Laden.

Verständigungsprobleme gibt es nicht, denn alle Ausstellungsstücke - vom Brötchenportionierer bis zur Gartenschere - sind mit Erklärungen in Hochdeutsch und in Plattdeutsch versehen. Das "Münsterländer Platt" bildet im Haus Noldes die Sprachbrücke zwischen Deutschen und Niederländern. Ein Bummel durch den alten Ortskern rundet den Besuch im Heimathaus ab. Ammeloe gilt mit seiner Gründung im Jahr 1369 als ältestes der fünf Kringdörfer, die heute zur Stadt Vreden gehören. Als "Kring" bezeichneten die Bewohner die Häuserreihe, die sich ringförmig um die Dorfkirche schlängelt. Der Kring ist in Ammeloe noch erhalten und das Heimathaus mit Gaststube und Laden ist ein Teil davon. Für Naturfreunde lockt in unmittelbarer Umgebung außerdem das Naturschutzgebiet Zwillbrocker Venn mit dem Lachmövensee und einem Naturlehrpfad.
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